das fotografische werk
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Von Almut Andreae /Edition Lumas

Der weite Himmel über tief gezogenem Horizont scheint endlos. Riesige Wolkenmassen am Firmament. Dem Meer, den Wiesen, Feldern und Gewässern bleibt nur ein schmaler Streifen am unteren Rand des  breit gelagerten Bildes. Im Kontrast zwischen dem verschwenderischen Szenario des Himmels und der wie durch einen Schleier wahrnehmbaren Landschaft darunter liegt die Grundspannung dieser horizontal ausgerichteten Bildformate. Nicht nur kompositorisch jedoch wird der Horizont gewissermaßen zum Zünglein an der Waage. Mehr noch verweist er für Winckelmann auf etwas, das sich hinter dem Sichtbaren befindet.

Sein malerisches und fotografisches Werk erschließt sich aus der stetigen Suche und Frage danach, „ob etwas und was jenseits des Sichtbaren wahrgenommen werden kann“. Der Horizont wird gleichsam zur Demarkationslinie, an welcher der Blick des Fotografen und die Hand des Malers nach Orientierung und Gewissheit tasten. Wulf Winckelmann deutet und begreift den Horizont nicht als Trennung, als Begrenzung, sondern als Aufforderung und Einladung. Wenn er eine Landschaft nicht nur fotografiert, sondern auch malt, dann um im Prozess des sich Erinnerns die Wirkung des Gesehenen zu verdichten und zu intensivieren. In diesem Erinnerungsmoment, gekoppelt an einen anderen Umgang mit der Zeit, besteht für Winckelmann der wesentliche Unterschied zwischen Malerei und Fotografie, die sich in seinem Gesamtwerk bedingen und auseinander hervorgehen. Die großformatigen, unter Einsatz von Spachtel und Pinsel mit Acrylfarbe, Pigmenten und Tuschen pastos gemalten Bilder übersetzt der Fotograf in ein anderes Medium: Wulf Winckelmann fotografiert seine Malerei, um sie anschließend digital zu überarbeiten.

In diesem Prozess tritt die Materialität des gemalten Bildes immer mehr zurück, um einer eher illusionistischen, noch stärker auf das Wesentliche fokussierten Vision zu weichen. Die am Landschaftssujet vollzogene Gratwanderung zwischen Schärfe und Unschärfe, zwischen Konkretion und Abstraktion gebiert Bilder von starker Anziehungskraft. Der Maler und Fotokünstler schaut hinter vordergründige Wahrnehmung und vermeintlich eindeutige Realitäten. Seine Landschaftsmalerei, übersetzt in Fotografie, lotet aus zwischen dem, was wir sehen und was da eigentlich ist. Die schrittweise Ablösung vom Gegenstand in die Abstraktion ist auf Wulf Winckelmanns Weg ein weiterer, ein konsequenter Schritt.